Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratsmitglieder,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
es ist ein historischer Haushalt! Der erste von Kämmerin Herkenrath. Vor zwei Jahren, beim letzten Haushalt von Bernd Steeg, habe ich mir kaum vorstellen können, wie es ohne ihn in 2021 sein wird. Frau Herkenrath ist nahtlos in die großen Fußstapfen ihres Vorgängers gestiegen. Kompliment. Es ist der erste und hoffentlich letzte Haushalt unter CORONA-Bedingungen. Der 1.339 Seiten starke Entwurf des Haushaltsplans wurde den Ratsmitgliedern zugestellt – ohne Einbringungsrede des Bürgermeisters. Für die fraktionsinterne Beratung blieben gerade mal zwei Wochen. Die Verabschiedung erfolgt heute nicht durch den Rat, sondern durch ein Not-Gremium.
Beim ersten Durchblättern musste man sich die Augen reiben:
24,5 neue Planstellen. Die CORONA-bedingten Defizite summieren sich auf 31 Mio. €. Die können im Jahre 2025 durch das vorhandene Eigenkapital der Stadt ausgeglichen oder auf 50 Jahre gestreckt werden.
Die Kosten für das Schulzentrum – erste Schätzungen sprachen von 35 Mio. € – und die waren den GRÜNEN schon zu viel – belaufen sich jetzt auf 55 Mio. €.
Wir rätseln, was die Verwaltung getrieben hat, nach Jahren der Knauserigkeit so die Schleusen zu öffnen. Uns wurde glaubhaft versichert, dass es nicht an den neuen Beigeordneten oder vielleicht an der neuen Kämmerin liegt.
Wie all die Jahre zuvor, so auch dieses Jahr: die Kämmerin hat ein solides, gediegenes Zahlenwerk vorgelegt – wenn auch mit Überraschungen, aber ohne Positionen, die Kontroversen hervorrufen oder Kritik von Parteilichkeit provozieren könnten. Der Kämmerin und seinem Team gebührt unser herzlicher Dank und großes Lob für die gute Arbeit. Alle Jahre wieder…
Die Beratungen des Haushaltsplans fanden überwiegend nicht im zuständigen Finanzausschuss statt, sondern fraktionsintern. Das verkürzte die Haushaltsberatung im Ausschuss erheblich. Es blieb bei wenigen Nachfragen und Anträgen. Allgemeines Raunen gab es bei dem Planansatz, das Rathaus für 1,25 Mio. € zu klimatisieren. Die Mittel sind gesperrt. Darüber wird noch ausgiebig zu beraten sein. Eher amüsant ist nach unserer Auffassung der Antrag der GRÜNEN, eine Schafherde für die Deichpflege anzuschaffen. Wir sehen schon die zusätzliche Planstelle für einen städtischen Schäfer. Oberster Schafhirt wird dann ein Beigeordneter. Einzige Initiative der CDU: sie setzt sich nach bestimmt intensiver Beratung für die Einrichtung eines Vorzeige-Spielplatzes in Lülsdorf ein.
In diesem Zusammenhang spreche ich den Spielplatz am Weiler Weg in Uckendorf an, dessen Pavillon erneuert werden muss. Mittel in Höhe von rd. 10.000 € konnten dafür nicht bereitgestellt werden. Unser Deckungsvorschlag wäre, die Einzäunung der Ausgleichsfläche in Lülsdorf, Uhlandstraße zu unterlassen. Grund für die Notwendigkeit einer Ausgabe in Höhe von 47.000 € seien wilde Müllablagerungen. Wenn man alle Flächen einzäunen wolle, wo Müll abgelagert wird, hätte man viel zu tun. Und 7.000 € für die Installation des Freifunks sind nach Auskunft des Stadtmarketings nicht erforderlich, da keine Investitionen mehr anstünden.
Ohne Debatte verlief die Erhöhung der Grundsteuer von 600 auf 690% und der Gewerbesteuer von 450 auf 490%. Das ist für 2022 geplant. Da das die einzige Möglichkeit der Stadt ist, zu mehr Einnahmen zu kommen, nahmen die Fraktionen das nahezu kommentarlos und wohlwollend hin.
Die Finanzlage der Stadt ist trotz aller Benachteiligungen bei den Schlüsselzuweisungen einigermaßen zufriedenstellend. Trotz zu erwartender Haushaltsdefizite stehen wir noch gut da und andere Kommunen beneiden uns um unsere Finanzsituation. Unsere Haushaltslage versetzt uns unverändert in die Lage, gestalterisch für die Zukunft von Niederkassel und deren Bürgerinnen und Bürger tätig zu sein. Dabei hat für die SPD unverändert die Investition in unsere Zukunft, unsere Kinder und Jugendlichen oberste Priorität. Schaffung von bezahlbarem Wohnraum nenne ich heute nur als Stichwort, genauso wie die Sorge um die Seniorinnen und Senioren.
Wir haben demnächst 27 KITAs – eine schöner, als die andere. Eine Betreuungsquote lt. Bedarfsplan 2021 von fast 100% für Kinder über drei Jahre, über 50% für U3. Da träumen andere Städte von. Unter dem Strich kosten uns diese Einrichtungen jährlich rd. 13,5 Mio. €. Gut angelegtes Geld – darüber besteht Einigkeit.
Die IT-Ausstattung der Schulen wurde in Angriff genommen. Die OGS-Einrichtungen platzen aus allen Nähten. Die Schüler der Förderschule müssen bald im Freien zu Mittag essen. Es bleibt viel zu tun. Die Unterstützung der Sozialdemokraten kann ich zusagen.
Der Stellenplan soll um 24,5 Planstellen aufgestockt werden. Wir wissen, wie schon verwaltungsintern um jede Stelle gerungen wird. Es gibt unsererseits keinen Widerspruch. Im Gegenteil: wir begrüßen, dass insbesondere im Bereich der Digitalisierung, des Ordnungsdienstes, des Sozialen Dienstes und weiterer Bereiche der rigide Sparkurs aufgegeben wurde, um dem Aufgabenzuwachs der Verwaltung gerecht zu werden.
Niederkassel ist finanziell solide aufgestellt. Die Infrastruktur ist vorbildlich, wenn man von der verkehrsmäßigen Erschließung absieht, für die wir nicht verantwortlich zu machen sind.
Liebe Frau Herkenrath, Bernd Steeg haben wir mit auf den Weg gegeben, seine Nachfolge ordentlich zu regeln. Das ist offensichtlich gelungen. Und es bleibt bei der Tradition, dass wir den Haushaltsentwürfen Ihretwegen meist gern zustimmen. So auch dieses Mal.
Friedrich Reusch, SPD-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Niederkassel